Die Holzmindener Teichanlagen - digital umrundet zum Tag des offenen Denkmals 2020
Fast immer wurden in den vergangenen Jahren am Tag des offenen Denkmals seitens der Stadt Holzminden Führungen angeboten. In der Regel geschah dies durch Zusammenarbeit des Bauamtes als Unterer Denkmalschutzbehörde mit dem Stadtarchiv. Für das Jahr 2020 war ebenfalls eine solche Führung geplant: durch die Teichanlagen zwischen Haarmannplatz und dem Bahndamm. Erweitert man den Kern dieses Bereiches um die angrenzende Bebauung, lassen sich hier spannende Beziehungen zwischen Bodendenkmal (=die Teiche) und Baudenkmalen entdecken.
Unter dem diesjährigen Motto „Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken“ stößt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Betrachtung eines speziellen Bereiches an: „III. Natur trifft Kultur: Grünflächen, Parkanlagen oder Friedhöfe als landschaftliche Freiräume und moderne Naturoasen“. Was liegt angesichts der aktuellen Diskussion in Holzminden näher, als zu dieser Vorgabe die Teichanlagen zu betrachten? Und zwar unter Einbeziehung der drei im Motto genannten Punkte?
„Erhalten“. Selbstverständlich! Aber wie? Ist die einzige Alternative der Zustand am 13. September 2020, der nie wieder verändert werden darf? Greifen wir dazu das „Erinnern“ auf: Wie sind die Teiche und ihr Umfeld zu dem geworden, was wir heute vorfinden? Es wird zu zeigen sein, dass die Geschichte der Teiche eigentlich als „Geschichte ihrer Veränderungen“ bezeichnet werden muss. Kontinuierlich war der Bereich Umformungen unterworfen, wurde den jeweils an ihn gestellten Anforderungen angepasst. So kann das Erinnern vielleicht überleiten zum geforderten „Neu denken“, indem es uns zeigt, dass ein Erhalten auch aus denkmalpflegerischer Sicht nicht ausschließlich im Verbot jeglicher Veränderung bestehen muss.
Der Beitrag des Stadtarchivs zu diesem Thema ist dabei das „Erinnern“. Historische Pläne, Akten und Abbildungen zeigen uns, wie die Teiche sowie ihre Umgebung entstanden und wie sie im Laufe der Jahrhunderte verändert wurden. Wie hieß es einleitend: eine Führung „war geplant“? Sie war es nicht nur, sondern der Plan wurde auch realisiert. Damit sind Sie als interessiertes Publikum auf der Homepage der Stadt Holzminden eingeladen, sich nun am Tag des offenen Denkmals 2020 „digital“ dem etwa 1,1 Kilometer langen Rundweg anzuschließen. (250 Meter Exkurs zum Rest des Oberen Teiches könnten hinzukommen.) Wir treffen uns am Haarmannplatz, Ecke Böntalstraße, am Hauptgebäude der HAWK.
[Bevor wir losgehen, ein technischer Hinweis: Durch einen Klick auf das jeweilige Bild lässt sich dies in einer vergrößerten Ansicht betrachten.]
Die Teiche sind keine natürlichen Gewässer, sondern Mitte des 18. Jahrhunderts von Menschenhand geschaffen. Damals wurde östlich des seinerzeit bebauten Holzmindener Stadtgebietes am Lauf des Holzmindebaches ein großer industrieller Komplex errichtet – eine Eisenhütte, bestehend aus drei Teilbereichen. Dem Bachlauf folgend, waren dies: der Hochofen, die Schneidhütte und die Hammerhütte. Zu jedem dieser Bereiche gehörte ein Teich. In ihm wurde Wasser der Holzminde aufgestaut, welches als Antriebskraft für verschiedenste Einrichtungen zu dienen hatte. Diese Teiche besaßen lange Zeit keine speziellen Namen, sondern wurden nach ihrer Lage oder dem jeweiligen Bereich des Komplexes bezeichnet, beispielsweise als „mittlere[r] Hüttenteich“. Erst im 20. Jahrhundert, als auch die letzten baulichen Überreste jener Anlagen verschwanden, setzten sich die Benennungen „Oberer Teich“, „Mittlerer Teich“ sowie „Unterer Teich“ durch.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die „Eisenfabrik“ aufgegeben, und deren Gebäude sowie die Wasserkraft der drei Teiche wurden nunmehr durch die „Administration der Sollinger Steinbrüche“ zum Schleifen von Sandsteinplatten genutzt. Aus der Spätzeit dieser Phase stammt die Fotografie. Sie zeigt also Gebäude der ehemaligen Eisenhütte, genutzt als Steinschleifmühle. Die Flügelbauten beiderseits der Einfahrt waren zu Wohnungen umgebaut worden.
An der Nordseite des Unteren Teiches befand sich Ende des 19. Jahrhunderts eine dichte Bebauung. Ursprünglich ebenfalls wirtschaftlichen Unternehmungen dienend, wurden die Gebäude zu beiden Seiten der Böntalstraße nunmehr für die Baugewerkschule genutzt. Zunächst privat von der Gründerfamilie Haarmann betrieben, übernahm 1896 die Stadt die Schule. Angesichts stetig wachsender Schülerzahlen war die Notwendigkeit eines Neubaus unübersehbar. Zugleich ließ damals die Verwendung des Sollingsandsteins für Bodenplatten merklich nach, und der Betrieb der Schleifmühlen war stark rückläufig. Was lag für Holzmindens Stadtväter näher, als bezüglich eines Neubaus der Baugewerkschule ein Auge auf den Bereich der Unterhütte als potentiellen Bauplatz zu werfen?
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